Pfingsten

An Pfingsten vollendet sich der Österliche Festkreis. 50 Tage lang feiert die Kirche Ostern, Auferstehung, Überwindung des Todes, neues, lichtvolles Leben, das niemals mehr endet. An Pfingsten, dem 50. Tag (Pentekoste) findet der Osterjubel seinen Höhepunkt in der Sendung des Heiligen Geistes. In dessen Wirken wird die Verheißung der Gegenwart Gottes lebendig, spürbar.

Es ist die geistgewirkte Gegenwart Gottes, die Kirche wachsen und leben läßt, die Menschen befähigt, miteinander und füreinander da zu sein, die dem einzelnen Menschen Kraft, Mut, Vertrauen, Freude und Trost zuteil werden läßt. Wesen, Bedeutung und Wirken des Heiligen Geistes kommen uns in folgendem Gesang aus dem 12. Jahrhundert entgegen:




Komm herab, o Heil'ger Geist,
der die finstre Nacht zerreißt,
strahle Licht in diese Welt.

Komm, der alle Armen liebt,
komm, der gute Gaben gibt,
komm, der jedes Herz erhellt.

Höchster Tröster in der Zeit,
Gast, der Herz und Sinn erfreut,
köstlich Labsal in der Not.

In der Unrast schenkst Du Ruh',
hauchst in Hitze Kühlung zu,
spendest Trost in Leid und Not.

Komm, o Du glückselig Licht,
fülle Herz und Angesicht,
dring bis auf der Seele Grund.

Ohne Dein lebendig Weh'n,
kann im Menschen nichts besteh'n,
kann nichts heil sein noch gesund.

Was befleckt ist, wasche rein,
Dürrem gieße Leben ein,
heile Du, wo Krankheit quält.

Wärme Du, was kalt und hart,
löse, was in sich erstarrt,
lenke, was den Weg verfehlt.

Gib dem Volk, das Dir vertraut,
das auf Deine Hilfe baut,
Deine Gaben zum Geleit.

Laß' es in der Zeit besteh'n,
Deines Heils Vollendung seh'n
und der Freuden Ewigkeit.

Text: Stephen Langton um 1200 (Gotteslob 344)


Diese immer neue, sehnsuchtsvolle Bitte um das Kommen des Geistes - in mein Herz, in das Sein und Handeln der Kirche, in jede Existenz dieser Welt - ist not-wendig. Ohne den Atem des Geistes Gottes werden wir atemlos, ohne nach seinem Wirken in uns zu fragen, verheddern wir uns in dem Wahn, alles selber erklären und leisten zu können und zu müssen.

Mit dem Blick in die frühe Christengemeinde begegnen wir einer geisterfüllten Haltung, einem Leben in der Gesinnung Jesu Christi, das sich nicht an oberflächlichen Erklärungen festmacht, sondern das den Herrn in der Mitte weiß. Diese Haltung mag uns Orientierung sein: die ersten Christen waren füreinander da, sie hielten fest "am Brechen des Brotes und an den Gebeten" (Apg 2, 42) und "Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel" (Apg 2, 46). Offensichtlich war die Quelle, die Tankstelle für ihre Hilfsbereitschaft und ihr Leben aus dem Glauben der tägliche Gottesdienst. Das gemeinsame tägliche Hören und Feiern des Wortes war unentbehrliche Nahrung für die junge Kirche.

Damals wie heute ist es aller Mühe wert, nach dem Wirken des Heiligen Geistes zu fragen, die Gegenwart Gottes in unserer Welt und Zeit zu suchen. Aber mehr noch und vor allem sollten wir zum Heiligen Geist beten, um sein Kommen bitten, jeden Tag neu, daß er mit der überströmenden Liebe Gottes in uns lebe und uns führe und leite. "Wer zum Heiligen Geist betet, bittet um die Erneuerung seines Herzens, darum, daß er gesinnt sei, wie Gott gesinnt ist, daß er im Heiligen Geist das, was recht ist, verstehe und tue, daß die Liebe, die persongewordene Innerlichkeit Gottes, das Gesetz seines Lebens und damit immer mehr das Weltgrundgesetz werde". (Heinrich Fries)