Ein echt alternativer Lebensstil
„Was ist denn das Reizvolle an einem Leben als Ordensfrau?“ werden wir oft gefragt. Auch uns Schwestern geht es, wie jedem Menschen darum, dass unser Leben gelingt, dass wir unseren Platz im Leben finden. Was ist grundsätzlich reizvoll am Leben? Eine Aufgabe, eine Beziehung, Begegnungen, leidenschaftlich kämpfen? Ordensleben ist für uns all dies und die Erfahrung der Berufung zu einer alternativen Lebensform. Wir erleben unsere Gemeinschaft in den verschiedenen Facetten und die Unterschiedlichkeit unserer Mitschwestern. Die Aufgaben im sozialen Bereich mit ihren Herausforderungen machen unser Leben sinn- und reizvoll.
Das Leben in einer Ordensgemeinschaft kann zu einem wunderbaren Reifungsprozess führen. Wir sind eine Gemeinschaft von Frauen unterschiedlichen Alters, die sich entschieden haben, ihr Leben Gott zu weihen. Konkret heißt das: wir verzichten auf eine eigene Familie und Besitz, um uns ganz dem Evangelium zur Verfügung zu stellen. Wir leben in kleineren und größeren Hausgemeinschaften an verschiedenen Orten zusammen und gehen unserer jeweiligen Arbeit nach. Das gemeinsame Leben ist wesentlicher Ausdruck unseres Ordenslebens.
Der Hl. Franziskus von Assisi, an dessen Lebensregel wir uns orientieren, hat dies in seinem Leben bewiesen. Wir haben unser Leben als „Gehilfinnen Gottes“ nach dem Evangelium ausgerichtet. Das bedeutet für uns fortwährendes Gebet zu Jesus Christus zum Lobpreis des Vaters und gleichzeitig liebende Hinwendung zu allen Menschen durch unser soziales Engagement. Damit handeln wir im Geist unseres Ordensvaters Franziskus, der sagte: „Sie müssen sich freuen, wenn sie mit gewöhnlichen und verachteten Leuten verkehren, mit Armen und Schwachen und Aussätzigen und Bettlern am Wege.“
Das haben wir Gott versprochen: Ehelose Keuschheit, Armut und Gehorsam
Mit Eintritt in die Ordensgemeinschaft verpflichten wir uns auf drei Gelübde (auch evangelische Räte genannt): „Ehelose Keuschheit“, „Armut“ und „Gehorsam“. Diese Begriffe werden heute oft als altmodisch empfunden und belächelt. Die Theologin Anneliese Herzig hingegen wagt eine gar nicht verstaubte Neuinterpretation: „Um ein Gelübde zu halten, ist Haltung gefragt. Es gibt die Haltung der Armut, die mich darum wissen lässt, dass ich nicht mir selbst genüge, sondern auf andere und anderes angewiesen bin. Es gibt die Haltung des Gehorsams, die mich hinhören lässt – auf andere, und die Zeichen der Zeit, auf die leisen Klopfzeichen Gottes. Es gibt die Haltung der Keuschheit, die mich die Schamgrenze des anderen wahren lässt und Übergriffe jeder Art vermeidet.“ Sind das nicht Haltungen, die auch außerhalb einer Ordensgemeinschaft für jede zwischenmenschliche Beziehung gelten?