Pressebericht aus der Mittelbadischen Presse vom 26. Juli 2022 von Thomas Reizel 

Vom Ararat Chaos vor Augen

Das Stuttgarter Inklusions-Theater „Rap-Soden“ und die Theatergruppe „Echt“ der Lebenshilfe Haslach wollen Frieden, Mitsprache, Freude und Toleranz. Eine bessere Welt eben.

Das preisgekrönte Stuttgarter Inklusions- Theater „Rap-Soden“ bot am Samstagnachmittag einen beeindruckenden Auftritt im Gengenbacher Löwenbergpark. Integriert war auch die Theatergruppe „Echt“ der Lebenshilfe Haslach. Für musikalische Highlights sorgte Bassist Wolfgang Schmid, unter anderem Mitglied der ehemaligen Klaus-Doldinger-Jazzband „Passport“ und musikalischer Kopf der „Rap-Soden“.

Auf dem Berg Ararat kamen im Namen des Herrn zwei göttliche Wesen an, um von dort die Welt in Augenschein zu nehmen. Was sie sahen, war Chaos, Kriege, Umweltverschmutzung, Armut und Hunger sowie grenzenlosen Überfluss, Verschwendung und Zerstörung auf der anderen Seite. „Du musst mal sehen, was aus Deiner Schöpfung geworden ist. Du lieber Gott, komm’ doch mal runter, schau’ dir die Bescherung selber an. Ich schwör’ dir, dass man hier verzweifeln kann.“

Dazu zogen tiefe, treibende Bassklänge wie ein Gewitter über dem Löwenbergpark auf, Schauspielerinnen und Schauspieler des Inklusions-Theaters kämpften um einen gelben Wasserball, die Welt, die jeder für sich alleine beansprucht.

„Gerd und Heiko“ mimten die Teilnehmer einer Demonstration. Hilflos, ratlos und entsetzt schrieen sie ihre Wut heraus, zogen zornig über Politikerphrasen von Berlin über Moskau nach Washington her, die da lauten „alle waren gewarnt, „wir arbeiten daran mit unseren Partnern“. Klar und deutlich formulierten „Gerd und Heiko“, was sie wollen: „Keine Flutkatastrophen, keinen Krieg, ein gutes Leben für alle auf der Welt.“

Wie wandlungsfähig die „Rap-Soden“ sind, zeigte „Robin“ mit einem Filmquiz. Der junge Mann, der nur noch über zwei Prozent Sehkraft verfügt, sang blendend und entführte das Publikum in eine Geschichte.

„Passt auf eure Füße auf“

Ständig zitierte er Sätze aus einem mit sechs Oscars und rei Golden Globes prämierten Film und baute daraus eine Geschichte. „Meine Mama hat immer gesagt, das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie was man kriegt.“ Oder „Passt auf Eure Füße auf, macht keine Dummheiten, lasst Euch nicht umbringen.“ Oder „Eigentlich wollte mein bester Freund Bubba ja Shrimpskutter-Kapitän werden, aber er ist im Fluss gestorben.“ Es dauerte nicht allzu lange, bis das Publikum wusste, wovon Robin spricht: „Forrest Gump“. Die Art seines stimmlich herausragenden Vortrags riss das Publikum zu Beifallsstürmen hin.

Das Finale des Theaternachmittags bildete eine chaotische Busfahrt. Eigentlich wollte die Reisegruppe nach Hamburg. Doch erst verspätete sich der Reiseleiter, weil er zu lange am Handy mit seiner Liebsten geflirtet hatte, der Busfahrer wusste nichts von Hamburg, sondern einer Fahrt in die Allgäuer Bergwelt.

Dagegen protestierten die Reisenden lautstark. „St. Pauli, St. Pauli“, riefen einige, andere „Wir wollen nach Hamburg!“ Fast schon zynisch wirkte, wie ihnen von seiten des Reiseleiters die Allgäu- Fahrt mit Liedern wie „Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen“ schmackhaft gemacht werden sollte.

Entgegen aller Proteste fuhr der Bus schließlich ab. Dennoch kam die Gruppe im Allgäu nie an. Weil es auf der Autobahn vor ihnen einen Unfall gab, endete die Fahrt im Stau. Die Fahrgäste machten das Beste draus, eine Party. Und dazu luden sie das Publikum ein, von denen sich einige unter die Schauspieler mischten, ihnen die Hände reichten, mit ihnen sprachen und tanzten.

„Zutiefst franziskanisch“

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Generaloberin Sr. Michael Bertsch den Theatergruppen gedankt und sich sehr auf das Zusammenspiel in gegenseitiger Toleranz, des Voneinanderlernens und des Menschseins gefreut. „Froh und freudig zu sein ist zutiefst franziskanisch“, sagte sie und dankte vor allem ihrer Öffentlichkeitsmitarbeiterin Heike Ritter-Schebesta, die für den Kontakt nach Stuttgart gesorgt hatte und dadurch dieses Inklusions- Theater in Gengenbach erst möglich wurde.

Axel Clesle betonte, dass sich die „Rap-Soden“ in Gengenbach sehr wohlgefühlt haben. Er hält einen Auftritt im nächsten Jahr für denkbar. Gut möglich ist aber, dass zuvor die Theatergruppe „Echt“ aus Haslach in die Landeshauptstadt reist, um ihr Stück „Das gestohlene Lächeln“ aufzuführen. Die Proben laufen.

Weitere Informationen:

www.die-rap-soden.de
www.kulturinitiative-bohnenviertel.de
www.echt.club82.de/

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